Sportstätten: „Schlag ins Gesicht“
Zwei Turnhallen werden ab Montag auf vorübergehende Belegung vorbereitet. Die Entscheidung der Stadt kommt überraschend und ist für einige Sportler in Gütersloh „ein Schlag ins Gesicht“.
„Gerade hat sich der Sportbetrieb wieder einigermaßen nach den mehrmaligen Coronaschließungen erholt, bekam der Verein heute diese bedauerliche Mitteilung“, heißt es beim SV Spexard. Ab Montag wird diese Dreifachsporthalle für Flüchtlinge hergerichtet.
Jeanette Salzmann Gütersloh.
Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine kommen in Gütersloh an. Mittlerweile melden sich jeden Tag rund 50 Menschen, mehrheitlich Kinder, Jugendliche und Frauen, neu im Rathaus an. „Inzwischen sind die aktuell verfügbaren Unterbringungskapazitäten in den städtischen Unterkünften nahezu ausgeschöpft“, wie die Stadt mitteilt. Auch die Angebote privaten Wohnraums würden bei Weitem nicht ausreichen. Um weitere dringend benötigte Unterbringungsmöglichkeiten zu generieren, führe ein fachbereichsübergreifendes Team der Stadtverwaltung sowie Bürgermeister Norbert Morkes persönlich seit Tagen intensive Gespräche. Hierzu würden kurzfristig Ergebnisse erwartet. „Mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zum Beispiel, der BImA, sind wir in der Abstimmung zu mehreren Liegenschaften, etwa Töpferstraße und Mansergh Barracks, und wir hoffen dringlich auf eine Zusage“, so Morkes. Doch selbst wenn die Stadt Häuser im künftigen Mansergh Quartier nutzen dürfte: Die Herrichtung würde einige Wochen in Anspruch nehmen, während der Zustrom aus der Ukraine anhält. „Auch wenn es uns in dem Wissen, was das für die Nutzer bedeutet, sehr schwer fällt: Wir müssen jetzt anfangen, Sporthallen für die Beherbergung von geflüchteten Menschen einzurichten“, erklärt Henning Matthes, Beigeordneter für die Bereiche Soziales und Sport bei der Stadt. Es gebe keine andere Möglichkeit.
Konkret handelt es sich um die Dreifachsporthalle in Spexard (Bruder-Konrad-Straße) und die Halle des Carl-Miele-Berufskollegs, die vom Kreis zur Verfügung gestellt wird. Beide dienten auch vor sieben Jahren als Flüchtlingsunterkünfte. Dass die Pläne von 2015 eins zu eins auf heute übertragbar seien, erleichtere und beschleunige die Umsetzung der Maßnahme erheblich und war der Hauptgrund für die Auswahl. Zudem seien zwingend erforderliche Brandmeldeanlagen bereits vor Ort und könnten wieder in Betrieb genommen werden. Am Montag beginnt das Deutsche Deutsche Rote Kreuz, das auch 2015 für den Betrieb zuständig war, im Auftrag der Stadt mit der Einrichtung der Hallen. Die Stadt rechnet damit, dass die Hallen nach zehn Tagen belegbar sein werden. „Klares Ziel ist es, sie nur so kurz wie möglich zu nutzen“, betont Henning Matthes. Sofern die Mansergh Barracks genutzt werden dürften, was noch unklar ist, und wenn diese fertig hergerichtet seien, könnten die Sporthallen voraussichtlich wieder leergezogen werden. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass derzeit niemand vorhersagen kann, wie viele Flüchtlinge nach Gütersloh kommen werden und wie viel Wohnraum wir tatsächlich benötigen“, sagt Matthes. Am Donnerstag hat er bei einem Gespräch im Rathaus Vorstandsvertretern des Sportvereins Spexard die Hintergründe dafür erläutert, dass der Vereinsbetrieb ab Montag vorübergehend ruhen muss. „Uns ist bewusst, dass das ein harter Einschnitt ins Vereins- und Dorfleben ist, und wir haben sehr großes Verständnis dafür, dass das allen schwerfällt“, macht der Sozial- und Sportdezernent deutlich. „Wir können nur unsererseits um Verständnis dafür bitten, dass wir als Stadt zur Unterbringung geflüchteter Menschen verpflichtet sind und die Fluchtbewegung aus der Ukraine uns vor die größten Herausforderungen seit 2015 stellt.“ Der Fachbereich Sport der Stadt bemüht sich, für den Vereinssport Ausweichmöglichkeiten zu finden.
Verein zeigt sich geschockt und will Entscheidung verhindern
Bürgermeister Norbert Morkes betont: „Die Gespräche mit der BImA und der Bezirksregierung, die ich auf höchster Ebene und mit Hochdruck führe, stimmen mich optimistisch, dass wir auf unbürokratischem Weg relativ schnell eine Lösung finden werden, um die Sporthallen vielleicht doch nicht zu lange belegen zu müssen.“
Der SV Spexard zeigt sich am Donnerstagabend dennoch geschockt. „Es ist für unsere Sportler ein Schlag ins Gesicht, insbesondere sind wieder die Kinder betroffen, deren Sportprogramm erneut nicht mehr in der gewohnten Form durchgeführt werden kann“, der Vorstand sei mehr als enttäuscht von der Entscheidung der Stadt und könne diese nicht nachvollziehen. „Wir haben die Halle 2015 bereits für 14 Monate entbehrt, anschließend musste sie umfangreich saniert werden“, erklärt Markus Westhoff vom Geschäftsführenden Vorstand. Knapp 2.500 Mitglieder zähle der SV Spexard. Durch die Pandemie sei der Verein bereits geschrumpft. Nun werden weitere Verluste befürchtet. „Dass die Flüchtlinge irgendwo unterkommen müssen ist nachvollziehbar, aber nicht, dass immer die gleichen Gruppen darunter leiden müssen.“ Westhoff mutmaßt, dass die Sporthalle Spexard deshalb ausgewählt wurde, weil sie nicht am Schulbetrieb angeschlossen ist. Gleiches gelte für die Sporthalle Friedrichsdorf. Sie wurde ebenfalls 2015 zur Unterbringung der Flüchtlinge genutzt, scheint aber bis jetzt nicht im Fokus der Stadtverwaltung zu stehen. Ab Montag muss der SV Spexard improvisieren. „Die Gymnastik-Gruppen können vielleicht wieder ins Pfarrheim ausweichen. Bei den Ballsportarten ist das schwieriger“, so Westhoff, „der Spielbetrieb im Handball läuft noch.“ Während der Vereinsvorstand daran arbeitet, die Entscheidung der Stadt noch zu verhindern, erfolgte gestern Abend ein erstes Krisentreffen.